Was sind B-Vitamine und wozu brauchen sie Pferde?
B- Vitamine sind eine ganze Gruppe von Vitaminen, die für die Enzymaktivität in zahlreichen Stoffwechselvorgängen im Körper unerlässlich sind.
Obwohl sie als Gruppe zusammengefasst werden, gehören die B-Vitamine – aus chemischer Sicht – nicht zusammen.
Sie sind wasserlöslich und können nicht langfristig im Körper gespeichert werden, mit einer Ausnahme: Vitamin B12 (Cobalamin).
Die Wasserlöslichkeit eines Vitamins bedeutet, dass ein Überschuss ausgeschieden wird. Es steht dem Pferd also kein Vorrat zur Verfügung, sollten dauerhaft Versorgungslücken durch die Fütterung entstehen. Eine Überdosierung wasserlöslicher Vitamine führt nicht zu Vergiftungen, wie dies bei speicherfähigen Nährstoffen der Fall sein kann. Dennoch können Überversorgungen den Stoffwechsel belasten und sind zu vermeiden.
Woran erkennt man einen Mangel an B-Vitaminen?
Zu den Symptomen einer Unterversorgung mit B-Vitaminen gehören
- Schreckhaftigkeit und Nervosität
- unzureichende Futterverwertung
- verminderte Leistungsfähigkeit
- erhöhte Infektanfälligkeit
- Störungen der Haut- und Fellbildung
- Neigung zu Ekzemen
- Appetitlosigkeit oder wechselnder Appetit
Um einen Mangel auszugleichen oder ihm vorzubeugen eignen sich B-Vitamine als Komplex zum Zufüttern. Über einen natürlichen Gehalt an einigen B-Vitaminen verfügen unter anderem Bierhefe, Weizenkleie, Luzerne und Hafer.
Übersicht und Einzelbeschreibung zu allen B-Vitaminen und ihren Funktionen:
- Vitamin B1 – Thiamin
- Vitamin B2 – Riboflavin
- Vitamin B3 – Niacin
- Vitamin B5 – Pantothensäure
- Vitamin B6 – Pyridoxin
- Vitamin B7 – Biotin oder Vitamin H
- Vitamin B9 – Folsäure
- Vitamin B12 – Cobalamin
Vitamin B1: Thiamin
Bedeutung im Körper des Pferdes
Thiamin (auch: Aneurin) kann von Pferden im Darm synthetisiert werden. Die Eigensynthese von Thiamin im Körper deckt allerdings nicht den Tagesbedarf ab. Dieser muss über die Fütterung individuell sichergestellt werden.
Vitamin B1 wird für die Funktion des Nervensystems, des Herzmuskels und der Magen-Darmtätigkeit des Pferdes benötigt. Im zentralen Nervensystem [Das zentrale Nervensystem ist das im Gehirn und Rückenmark gelegene Nervensystem] wie im peripheren Nervensystem [Das periphere Nervensystem ist das außerhalb von Gehirn und Rückenmark gelegene Nervensystem] schützt es die Nervenfasern und reguliert die Nervenleitfähigkeit. Zudem ist es am Kohlenhydratstoffwechsel beteiligt und unterstützt eine funktionierende Entgiftungsleistung.
Erhöhter Bedarf
Hohe Mengen an Kraftfutter sowie der Einsatz im Hochleistungssport erhöhen den Bedarf an Vitamin B1 beim Pferd. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Pferde Adlerfarne oder Sumpfschachtelhalme mit dem Heu oder auf Weiden zu sich nehmen: Diese Pflanzen enthalten Thiaminase [Thiaminase ist ein Enzym, das Vitamin B1 spaltet und abbaut.] und können eine Unterversorgung an Vitamin B1 bei Pferden verursachen.
Resorptionsstörungen durch eine geschädigte Darmschleimhaut oder gestörte Darmflora nach Wurmkuren oder Antibiotika reduzieren die Aufnahme von Vitamin B1 über die Nahrung. Auch ältere Pferde weisen einen erhöhten Bedarf auf.
Versorgung mit Vitamin B1
Vitamin B1 kommt in den Randschichten von Getreide vor und ist unter anderem auch in Grünfutter, Bierhefe und Nüssen enthalten. Eine artgerechte Fütterung mit ausreichend Heu stellt die Versorgung mit Vitamin B1 in der Regel sicher.
Mangel an Vitamin B1
Zu den Symptomen eines Mangels an Vitamin B1 gehören:
- Störungen der Herzfunktionen
- Leistungsschwäche, Appetitlosigkeit
- Reizbarkeit und Krämpfe
- wiederholt auftretende, leichte Koliken
- Lahmheiten
Vitamin B2: Riboflavin
Bedeutung im Körper des Pferdes
Riboflavin (auch: Lactoflavin) ist am Abbau von Fettsäuren und Aminosäuren beteiligt und wirkt an der Energiegewinnung der Zellen mit.
Es schützt die roten Blutkörperchen und unterstützt die Blutbildung. Vitamin B2 sorgt für eine gesunde Funktion und den Aufbau von Haut und Schleimhaut, insbesondere der Augen.
Versorgung mit Riboflavin und Mangelerscheinungen
Pferde können Vitamin B2 im Darm synthetisieren und werden über artgerechte und ausgewogene Fütterung ausreichend versorgt. Heu und Weidegras enthalten hohe Mengen an Riboflavin.
Bei Störungen der Darmflora oder geschädigter Darmschleimhaut kann die Resorptionsfähigkeit derart eingeschränkt sein, dass zu geringe Mengen an Vitamin B2 im Stoffwechsel zur Verfügung stehen. In seltenen Fällen kommt es zu Mangelerscheinungen:
- Katarakt [Trübung der Augenlinse] und Hornhauttrübungen
- Leistungsabfall
- Wachstumsverzögerungen
- unzureichende Futterverwertung
- Durchfälle
Vitamin B3: Niacin
Bedeutung im Körper des Pferdes
Niacin (auch: Nicotinsäure) ist am Fett-, Eiweiß- und Kohlenhydratstoffwechsel beteiligt. Neben seiner Funktion in der Energiegewinnung des Körpers unterstützt Vitamin B3 das Nervensystem, da es an der Bildung von Neurotransmittern beteiligt ist. Auch für Schutz und Regeneration von Haut und Schleimhäuten benötigt der Körper Niacin.
Versorgung mit Niacin
Der Bedarf an Vitamin B3 wird über die Fütterung ausreichend abgedeckt. Zudem sind Pferde in der Lage, Vitamin B3 im Darm aus Tryptophan zu synthetisieren. Voraussetzung für die Eigensynthese ist eine gesunde Darmflora, die durch artgerechte Heufütterung zu unterstützen ist.
Vitamin B5: Pantothensäure
Bedeutung im Körper des Pferdes
Pantothensäure ist ein wichtiger Baustein des Coenzyms A [Coenzym A ist beteiligt am Auf- und Abbau von Kohlehydraten, Fetten und Aminosäuren]. Es ist am Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel beteiligt und wird im Körper zur Bildung von Haut und Fell benötigt. Es unterstützt die Energiegewinnung der Zellen, die Verdauung und den Immunstoffwechsel.
Versorgung mit Pantothensäure
Die Versorgung mit Vitamin B5 ist bei Pferden durch die Fütterung sichergestellt. Getreide, Grünfutter und Bierhefe enthalten reichlich Pantothensäure. Mangelerscheinungen sind wissenschaftlich nicht dokumentiert.
Vitamin B6: Pyridoxin
Bedeutung im Körper des Pferdes
Pyridoxin ist Vitamin mit großer Bedeutung für den Stoffwechsel von Aminosäuren, Proteinen und Kohlehydraten. Als Coenzym beschleunigt Vitamin B die Spaltung und Synthese von Aminosäuren. Aus diesen Stoffwechselvorgängen gehen Neurotransmitter [körpereigene Botenstoffe des Nervensystems] wie Serotonin [Botenstoff, der positiv auf Gefühle, Stimmung und Antrieb wirkt] und Dopamin [Botenstoff, der Glücksgefühle und Motivation auslöst] hervor. Auch am Eiweiß- und Kohlenhydratstoffwechsel ist Pyridoxin beteiligt und ist für den gesamten Stoffwechsel eines Pferdes und für die Entgiftungsleistung seines Körpers unentbehrlich.
Erhöhter Bedarf
Erhöhter Bedarf während des Wachstums, Trächtigkeit und Laktation sowie bei älteren Pferden. Auch hohe Leistungsanforderungen und eiweißreiches Futter steigern den Bedarf.
Mangel an Vitamin B6
Ein Defizit an Vitamin B6 tritt selten auf, da Futtermittel einen ausreichenden Gehalt aufweisen. Zu einem Mangel kann eine massiv gestörte Darmflora [Störungen der Darmflora können durch falsche Fütterung oder durch bestimmte Medikamente wie Antibiotika oder Wurmkuren ausgelöst werden] führen, da diese die Eigensynthese von Vitamin B6 im Körper erschwert.
Zu den Symptomen gehören:
- Wachstumsstörungen
- Störungen des Nervensystems
- geschwächte Immunabwehr
- Störungen der Entgiftungsprozesse
- Stoffwechselstörungen mit Mangel an Zink, Selen und Mangan als Folge
Vitamin B7: Biotin
Bedeutung im Körper des Pferdes
Biotin (auch: Vitamin H) benötigt der Körper unter anderem zur Keratinsynthese [Haar- und Hornbildung im Körper]: Es fördert Bildung, Wachstum und Qualität von Haut, Haaren und Horn. Auch für die Blutbildung, den Energie- und Muskelstoffwechsel sowie den Fett- und Zuckerstoffwechsel ist Vitamin B7 bedeutsam.
Vorkommen und Eigensynthese von Biotin bei Pferden
Artgerechte Fütterung deckt den Biotinbedarf bei Pferden in der Regel zuverlässig ab, da Grünfutter, Hafer, Bierhefe und Sonnenblumen einen hohen natürlichen Gehalt aufweisen.
Pferde sind in der Lage, im Dickdarm Biotin selbst zu synthetisieren. Inwieweit dies dem Organismus zur Verfügung steht, ist wissenschaftlich nicht klar belegt. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Zufuhr von Biotin in Kombination mit Zink, Methionin und Aminosäuren bei Pferden mit rissigen oder brüchigen Hufen langfristig positiv auswirkt.
Erhöhter Bedarf an Biotin
Pferde mit einer gestörten Darmflora sowie Pferde, die hohe Kraftfuttermengen bekommen, profitieren von der Zufütterung mit Biotin. Bei Hornspalten oder brüchigen Haaren kann die Ergänzung mit Biotin eine Verbesserung von Wachstum, Struktur und Qualität von Haut, Fell und Horn bringen.
Biotinmangel bei Pferden
Zu den Symptomen eines Biotinmangels bei Pferden gehören:
- brüchige Hufe
- Rillen oder Spalten im Huf
- verlangsamtes Hufwachstum
- abgebrochene Haare
Vitamin B9: Folsäure
Bedeutung im Körper des Pferdes
Folsäure ist an der Zellteilung sowie an der Blutbildung beteiligt. Eine ausreichende Zufuhr an Folsäure ist deshalb während der frühen Phase der Trächtigkeit von besonderer Bedeutung, um die gesunde Entwicklung und das Wachstum des Fötus zu unterstützen.
Versorgung und Mangel
Bei artgerechter Fütterung und Haltung ist die Versorgung mit ausreichend Folsäure bei Pferden gesichert. Weidegras und Heu liefern den Tagesbedarf an Vitamin B9, auch bei trächtigen Stuten, die Zugang zu Grünfutter haben.
Folsäuremangel führt zur Leistungsschwäche des Pferdes und kann eine Anämie [Blutarmut] auslösen.
Vitamin B12: Cobalamin
Bedeutung im Körper des Pferdes
Vitamin B12 ist an Wachstumsprozessen, Zellteilung und Blutbildung beteiligt. Es wird zur Synthese bestimmter Aminosäuren benötigt und ist unentbehrlich in Stoffwechselprozessen der Darmschleimhaut oder des Nervengewebes. Cobalamin unterstützt eine gesunde Nervenfunktion sowie die Muskelbildung und Energiebereitstellung.
Eigensynthese von Vitamin B12 bei Pferden
Pferde können Cobalamin im Darm selbst herstellen, wenn sie über eine intakte Darmfunktion und eine ausreichende Versorgung mit dem Spurenelement Kobalt verfügen. Kobalt ist ein essentielles Spurenelement [Essentielle Spurenelemente sind die Elemente, die für alle Lebewesen lebensnotwendig sind und die der Organismus nicht aus anderen Nährstoffen synthetisieren kann. Essentielle Nährstoffe müssen gefüttert werden.] und muss dem Pferd über das Futter bereitgestellt werden.
Mangel an Vitamin B12
Ein Mangel an Vitamin B12 ist über das Blutbild festzustellen. Zu den Symptomen einer Unterversorgung mit Vitamin B12 gehören:
- Anämie
- Leistungsschwäche
- Muskelabbau
- Gewichtsverlust
- verminderter Appetit und unzureichende Futterverwertung